RECHT AUF LÖSCHUNG – „RECHT AUF VERGESSENWERDEN“ – ARTIKEL 17 DS-GVO

Mit dem Recht auf Löschung personenbezogener Daten gemäß Art. 17 DS-GVO lenken wir den Blick auf ein weiteres Betroffenenrecht, welches neben dem Auskunftsanspruch wohl jeder verantwortlichen Stelle früher oder später begegnen wird. Die Kernbotschaft lautet demnach auch beim Recht auf Löschung: Wenn es um Betroffenenanfragen geht, bedarf es innerhalb der verantwortlichen Stelle eines professionellen Umfangs hiermit und es ist geboten den Prozess zu standardisieren und in einem Löschkonzept in einfach umsetzbaren Routinen zu berücksichtigen. 


VORAUSSETZUNGEN FÜR EINEN LÖSCHANSPRUCH

Art. 17 Abs. 1 DS-GVO sieht das Recht der betroffenen Person vor, die Löschung von personenbezogenen Daten bei Vorliegen bestimmter Löschgründe verlangen zu können. Dieses Recht entbindet den Verantwortlichen allerdings nicht davon, auch ohne Verlangen der betroffenen Person regelmäßig zu überprüfen, ob die von ihm verarbeiteten Daten zu löschen sind. Als Löschgründe sind in Art. 17 Abs. 1 DS-GVO vorgesehen:
– die personenbezogenen Daten sind für die Zwecke, für die sie verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig (lit. a);
– Widerruf der Einwilligung und es besteht keine anderweitige Rechtsgrundlage für die Verarbeitung (lit. b);
– erfolgreicher Widerspruch gemäß Art. 21 Abs. 1 (lit. c);
– Unrechtmäßigkeit der Verarbeitung (Generalklausel, lit. d);
– rechtliche Verpflichtung zur Löschung (lit. e);
– Datenerhebung bei Kindern (lit. f).

Für verantwortliche Stellen werden die Tatbestände des Art. 17 Abs. 1 lit. a, b und d DS-GVO überwiegend eine Rolle spielen.

Der Tatbestand von Art. 17 Abs. 1 lit. a DS-GVO räumt der betroffenen Person ein Recht auf Löschung personenbezogener Daten dann ein, wenn sie für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind. Dementsprechend entscheidet der konkrete Zweck einer Datenverarbeitung maßgeblich über die maximal zulässige Speicherdauer personenbezogener Daten. Unter Zugrundelegung des Zwecks ist nach dem Grundsatz der Speicherbegrenzung des Art. 5 Abs. 1 lit. e DS-GVO eine Löschung zum frühestmöglichen Zeitpunkt vorzunehmen. Dabei darf keine Möglichkeit mehr existieren, auf die Daten ohne unverhältnismäßigen Aufwand zuzugreifen oder diese wiederherzustellen. Als Orientierung dient hierbei beispielsweise DIN 66399.

Wenn die betroffene Person Ihre Einwilligung widerruft, Art. 17 Abs. 1 lit. b, so entfällt die Rechtsgrundlage für Verarbeitungen gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DS-GVO. Daraus resultiert aber nur dann ein Löschanspruch, wenn sich die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung auf keine andere Rechtsgrundlage als die der Einwilligung stützen kann. Diesbezüglich kommen vor allem Art. 6 Abs. 1 lit. b (Vertragserfüllung), lit. c (rechtliche Verpflichtungen) und e (Aufgabenerfüllung im öffentlichen Interesse) und lit. f (berechtigtes Interesse) DS-GVO in Betracht. Der Widerruf der Einwilligung resultiert also nur dann in einer absoluten Verpflichtung zur Löschung, sofern die Einwilligung die einzige Rechtsgrundlage der Verarbeitung darstellte.

Nach Art. 17 Abs. 1 lit. d DS-GVO bestehen die Löschrechte auch, wenn personenbezogene Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden. Die Regelung erfasst alle Konstellationen der unzulässigen Verarbeitung, insbesondere die Fälle, bei denen von vornherein keine Rechtsgrundlage für die Erhebung oder Speicherung personenbezogener Daten vorlag.


KEINE REGEL OHNE AUSNAHMEN

Ausnahmen bestehen dann, wenn der Löschpflicht gesetzliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen. So ergeben sich beispielsweise aus § 147 AO oder § 257 HGB Aufbewahrungsfristen für Geschäftsunterlagen von sechs bzw. zehn Jahren. Weitere spezialgesetzliche Ausnahmen lassen sich unter anderem im Banken- und Versicherungsgesetz, Aktiengesetz, Produkthaftungsgesetz oder auch im Bürgerlichen Gesetzbuch finden. Grundsätzlich gilt hierbei: Spezialgesetzliche Aufbewahrungsfristen gehen stets den datenschutzrechtlichen Löschpflichten vor. Dementsprechend dürfen personenbezogene Daten nicht gelöscht werden, sofern derartige Aufbewahrungsfristen bestehen. Bei der Aufbewahrung sind die datenschutzrechtlichen Grundsätze, insbesondere durch die Festlegung von Zutritts- und Zugriffsberechtigungen, einzuhalten.

Von einer Löschung kann ebenfalls – zumindest vorübergehend – abgesehen werden, wenn eine Aufbewahrung zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen notwendig ist. Weitere Ausnahmen bestehen, sofern die Löschung personenbezogener Daten die Verwirklichung im öffentlichen Interesse liegender Archivzwecke, wissenschaftlicher oder historischer Forschungszwecke sowie statistischer Zwecke ernsthaft beeinträchtigen oder unmöglich machen würde. Bei öffentlichen Stellen ist zudem eine Anbietungspflicht an die Landesarchive zu prüfen.


VORGEHENSWEISE BEI EINEM ANTRAG AUF LÖSCHUNG

Im Rahmen der Bearbeitung eines Löschantrages bietet sich folgende Vorgehensweise an: Ein Löschantrag kann von jeder betroffenen Person gestellt werden. Der Antrag unterliegt keinerlei Formanforderungen, kann also schriftlich, mündlich, per E-Mail oder sonst elektronisch erfolgen. Im Rahmen eines konkreten Antrags auf Löschung ist zunächst die Identität des Antragsstellers festzustellen und sodann sind die vorhandenen Datenbestände zu identifizieren. Es muss geprüft werden, ob der Antragsteller einen Anspruch auf Löschung hat bzw. keine Gründe vorliegen, die eine Speicherung der Daten weiterhin rechtfertigen. Der Löschungsanspruch umfasst dann sämtliche Datenbestände, in denen die personenbezogenen Daten des Antragstellers gespeichert sind. Längstens ist der Antragsteller nach einer absoluten Frist von einem Monat über die Entscheidung bzw. dem Löschvorgang zu informieren. Sofern die Frist unter Berücksichtigung der Komplexität des Antrags nicht eingehalten werden kann, ist eine Verlängerung um weitere zwei Monate möglich. Der Antragsteller ist unter Angaben von Gründen zu informieren.


SANKTIONEN UND SCHADENSERSATZ

Kommt der Verantwortliche der Löschpflicht / dem Löschanspruch der betroffenen Person nicht nach, kann die betroffene Person Beschwerde bei der zuständigen Aufsichtsbehörde einlegen. Eine Verletzung des Rechts auf Löschung wird mit hohen Geldbußen geahndet. Zudem kann die betroffene Person im Wege der Klage gegen den Verantwortlichen vorgehen. Es besteht die Möglichkeit Schadensersatz einzufordern.


FAZIT

Verantwortliche Stellen zeichnet ein professioneller Umgang mit der Löschpflicht aus, wenn bereits frühzeitig entsprechende interne Prozesse implementiert werden. Nutzen Sie hierbei Synergien! Oftmals knüpft die Löschung an ein Auskunftsbegehren an. Dieser Prozess sollte daher ganzheitlich etabliert werden. Verarbeitet ein Verantwortlicher personenbezogene Daten nur in gesetzlich zulässiger Weise, besteht keine darüberhinausgehende Verpflichtung zur Löschung. Eine organisierte Übersicht über die Art der verarbeiteten Daten, den Zweck der Verarbeitung sowie die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen bietet das Verzeichnis über die Verarbeitungstätigkeiten gemäß Art. 30 Abs. 1 DS-GVO. Darüber hinaus empfiehlt sich ein eigenes Löschkonzept für alle innerhalb der verantwortlichen Stelle durchgeführten Verarbeitungszwecke an, woraus sich eine dokumentierte Löschroutine ablesen lässt.

Über die Autorin: Carolin Rubel ist Rechtsanwältin und als externe Datenschutzbeauftragte beim Dresdner Institut für Datenschutz tätig. Im Fokus ihrer Beratungstätigkeiten liegen neben der Betreuung von Auftraggebern aus den allgemeinen Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistung ebenfalls Wohnungsunternehmen sowie kirchliche Stellen und Auftraggeber aus dem Gesundheitsbereich. Für Anregungen und Reaktionen zu diesem Beitrag können Sie die Autorin gern per E-Mail kontaktieren.

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