Kein Schadenersatz für Daten-Scraping

Scraping

Mittlerweile haben Milliarden Menschen ein Profil bei einem sozialen Medium angelegt. Die Auswahl ist groß, die Möglichkeiten zur Vernetzung sind vielfältig und man lernt sehr schnell neue Leute kennen. Es gibt viele Gründe, sich in sozialen Medien anzumelden. Was viele leider nicht als problematisch ansehen, ist, dass man als Nutzer viele personenbezogene Daten von sich und anderen der Öffentlichkeit preisgeben kann. Im digitalen Zeitalter, wo der Wert von Daten mit Öl verglichen wird, sind Profile auf sozialen Medien wie Facebook eine wahre Goldgrube: Nutzer veröffentlichen Informationen über Ihr Geschlecht, Herkunft, Wohnort, Beruf, Interessen, Hobbys, Standorte etc. etc. Mit den richtigen Mitteln lassen sich aus diesen Daten Informationen generieren, die manchen Unternehmen enorme Profite bescheren können.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass manche von Ihnen das Internet nach personenbezogenen Daten absuchen, um diese beispielsweise an andere Unternehmen zu Werbezwecken zu verkaufen. Hierzu nutzen sie spezielle Software, die die sozialen Medien durchforsten und Informationen der Nutzer sammeln. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist diese Praktik fragwürdig, in manchen Fällen allerdings gänzlich unzulässig, wenn z. B. Daten unrechtmäßig durch Hacken von Profilen oder Datenbanken gesammelt werden.

Doch wie ist die Rechtslage, wenn lediglich Daten von sozialen Medien gesammelt werden, die von Nutzern in ihren öffentlichen Profilen selbst veröffentlicht wurden? In letzter Zeit haben vermehrt Nutzer sozialer Medien auf Schadensersatz geklagt, nachdem ihre öffentlich zugänglichen Daten von ihren Profilen im Internet zu finden waren. Ein Nutzer versuchte sogar, sein Recht auf Schadensersatz massenhaft, also wegen mehrerer Scraping-Fälle geltend zu machen. Dieser Beitrag soll darstellen, weshalb man keinen Anspruch auf Schadensersatz für Daten-Scraping hat, wenn man seine personenbezogenen Daten auf öffentlichen Profilen preisgibt.


Argumentation der Gerichte

Das Landgericht Offenburg (Urt. v. 28.02.2023 – Az.: 2 O 98/23), um nur ein Urteil von vielen zu nennen, argumentierte, dass die Durchführung des Daten-Scrapings allein nicht zu einem Schaden des Betroffenen führt, wenn Nutzer Ihre Daten freiwillig angeben und deren Profile darüber hinaus öffentlich einsehbar sind.

„Es ist festzuhalten, dass alle Daten – bis auf die Handynummer – aus dem öffentlichen Profil des Klägers „abgelesen“ wurden, die der Kläger bereitwillig dort selbst eingetragen hat. Ein Identitätsdiebstahl hat insoweit nicht stattgefunden. Soweit diese Daten öffentlich waren, standen sie bereits bei ihrer Eingabe nicht mehr unter der ausschließlichen klägerischen Kontrolle. Das Gefühl eines Kontrollverlustes kann sich daraus gerade nicht nachvollziehbar ergeben.“

Nahezu identisch wurden viele andere Urteile zu dem Thema argumentiert. Das Gericht bemängelte weiter, das Fehlen sämtlicher Anzeichen negativer Folgen für den Betroffenen. So wurden im Laufe des Verfahrens keinerlei Anzeichen ersichtlich, dass der Kläger überhaupt irgendwelche Anzeichen von Beunruhigung, geschweige denn tatsächliche Ängste, Sorgen, Unwohlsein oder andere Unannehmlichkeiten erlitt. Als ein mitentscheidendes Argument stellte das Gericht fest, dass der Kläger bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung seine Suchbarkeitseinstellungen nicht geändert habe.


Und was lernen wir daraus?

Eigentlich nichts Neues. Das Urteil bestätigt genau das, was eigentlich alle sagen: Pass auf deine privaten Daten auf! Dennoch kann man einige Nützliche Dinge aus diesem Urteil ziehen. Nämlich Erkenntnis über die genauen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens durch Daten-Scraping. Die Rechtsprechung stellt klar, dass kein Schadensersatzanspruch besteht, wenn man seine personenbezogenen Daten selbst und freiwillig in öffentlich zugänglichen Profilen preisgibt. Dies gilt auch, wenn Ansprüche massenhaft geltend gemacht werden sollen. Allein die Tatsache, dass man die Möglichkeit hat, sich zu schützen, indem man lediglich die Privatsphäre-Einstellungen ändert, steht diesem Anspruch massiv im Wege. Somit hängt der Anspruch auf Schadensersatz maßgebend von der Zugänglichkeit der preisgegebenen Daten ab.

Wir können Ihnen daher nur raten, wie oben angesprochen, sehr vorsichtig mit Ihren Daten zu sein, wenn Sie verhindern wollen, „Opfer“ von Daten-Scraping auf sozialen Netzwerken zu werden. Überlegen Sie also sehr genau, was für Daten Sie von sich preisgeben möchten. Falls Sie sich, wie viele andere auch, dafür entschieden haben, ein Profil z. B. auf Facebook zu erstellen, vergessen Sie nicht die Privatsphäre-Einstellungen Ihren Bedürfnissen entsprechend anzupassen. Mit den richtigen Einstellungen kann die Gefahr des Daten-Scrapings minimiert werden und nur so haben Sie Anspruch auf Schadensersatz, wenn Ihre Daten trotzdem gesammelt wurden.

Über den Autor: Andreas Nanos LL.M. ist Wirtschaftsjurist und als externer Datenschutzbeauftragter beim Dresdner Institut für Datenschutz tätig. Im Fokus seiner Beratungstätigkeiten liegen insbesondere Unternehmen im Speditionssektor, mittelständische Unternehmen, sowie Hochschulen und Kultureinrichtungen. Neben seiner Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter promoviert er an der juristischen Fakultät der Karls-Universität Prag im Bereich der strafrechtlichen Verantwortung für künstliche Intelligenz. Für Anregungen und Reaktionen zu diesem Beitrag können Sie den Autor gern per E-Mail kontaktieren.

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