
Im Rahmen der Blog-Reihe „Ein Spaziergang durch die DS-GVO“ betrachten wir die einzelnen Artikel der Datenschutz-Grundverordnung aus einem etwas anderen Blickwinkel. Ziel ist kein x-ter Kommentar, es soll eher ein Datenschutz-Feuilleton entstehen, mit Anmerkungen und Überlegungen auch zu Artikeln, die Sie im Datenschutz-Alltag vielleicht noch nie gelesen haben. Der heutige Ausflug ist winzig kurz – aber besser, wenigstens einige Schritte vor die Tür gehen, als den ganzen Tag drinnen sitzen. Immerhin spazieren wir durch wenig bekannte Gegend. Selbst die/der eine oder andere Datenschutzbeauftragte wird Artikel 19 DS-GVO noch nie gelesen haben. Dann ruhig jetzt nachholen!
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Satz 1 verlangt vom Verantwortlichen, etwaige Datenempfänger über Maßnahmen nach Artikel 16, 17 und 18 zu informieren. Warum bei Artikel 17 konkret Absatz 1 genannt wird und bei Artikel 18 nicht, ist Geheimnis des Gesetzgebers. Die Informationspflicht besteht allerdings nur, wenn sie mit angemessenem Aufwand erfüllt werden kann. Satz 2 ist überflüssig, weil bereits durch Artikel 15 DS-GVO abgedeckt. Und auch Satz 1 ist nicht durchdacht: Wenn Daten berichtigt oder gelöscht oder beschränkt verarbeitet werden, haben Betroffene gar nicht immer ein Interesse daran, dass „die ganze Welt“ davon erfährt.
Zum Beispiel: Eine Abteilungsleiterin behauptet per E-Mail im Kollegenkreis (falsch), Mitarbeiter X färbe sich die Haare. X stellt das bei ihr richtig und möchte keine weitere Publicity. Darf und muss der Arbeitgeber wirklich eine zweite E-Mail herumsenden „X färbt sich doch nicht die Haare“? Wäre Artikel 19 nicht sinnvoller als ein Anspruch zu gestalten, den Betroffene ausüben können, aber nicht müssen?
Anderes Beispiel: Personalchef A hat in einem Bewerbungsverfahren unerlaubt – peinliche, aber inhaltlich richtige – Daten über Frau X gesammelt, einigen Beschäftigten davon erzählt und die Daten gespeichert. X erfährt viel später davon und verlangt Löschung. Soll A den anderen Beschäftigten die Löschung mitteilen – am besten noch dokumentiert – und damit X noch einmal in Verruf bringen? Also wohl besser: „Wenn von Betroffenen verlangt und mit angemessenem Aufwand möglich, informieren Verantwortliche…“
Über den Autor: Prof. Dr. Ralph Wagner ist Vorstand des DID Dresdner Institut für Datenschutz sowie Vorsitzender des ERFA-Kreis Sachsen der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit e.V. (GDD). Als Honorarprofessor an der Technischen Universität Dresden hält er regelmäßig Vorlesungen und Seminare zum Thema Datenschutzrecht. Für Anregungen und Reaktionen zu diesem Beitrag können Sie den Autor gern per E-Mail kontaktieren.